Fotografie
Die Sonne wird für vielfältige Zwecke fotografiert. Entsprechend werden die Methoden angepasst. Tricks und Kniffe erfahren Sie deshalb von den Ansprechpartnern der verschiedenen Arbeitsgruppen. An dieser Stelle erklären wir deshalb nur grundsätzliches und bieten Download-Links für bewährte Software an. Grundsätzliche Kenntnis der Astrofotografie wird vorausgesetzt, z.B. was Darkfield oder Flatfield sind und wie sie benutzt werden. Meist steht die Erläuterung schon im Benutzerhandbuch der Kamera.
Die Wahl der Kamera hängt vom Ziel des Fotografen ab. Wer die ganze Sonne abbilden will, z.B. für die Positionsfotografie, braucht eine Kamera mit entsprechend großem Chip. Wer nur Details auf der Sonne fotografieren möchte, kann preiswertere Kameras mit kleineren Chips nutzen (auch Autoguider-Kameras).
Farbfotografie ist für die Sonne meistens überflüssig und kann sogar störend sein. Häufig werden Filter benutzt, die den größten Teil der Farben ohnehin wegblocken. Weil Chips in Farbkameras verschiedene Pixel für die Grundfarben Rot, Grün und Blau tragen, werden dann zwei Drittel der Pixel garnicht genutzt. Farbfähigkeit der Kamera bringt dann also einen Verlust an Auflösung und Bildqualität. Viele Bilder in den Galerien wurden "schwarz/weiß" aufgenommen und nachträglich mit Bildverarbeitung für ein "schönes Bild" eingefärbt.
Schützen Sie Ihre Kamera
Auch Kameras müssen durch geeignete Filterung vor zuviel Licht und vor allem Hitze von der Sonne geschützt werden. Setzen Sie niemals einfach eine Kamera ans Teleskop - sie wird zerstört werden.
Für die Fotografie haben sich Filter der Dichte 3 bewährt (Dichte 5 für visuelle Beobachtung). Sie müssen für die Sonnenbeobachtung zugelassen sein. In dieser Dichte gibt es auch preiswerte Folien, die als Objektivfilter eingesetzt werden. Benutzen Sie Filter der Dichte 3 niemals für die visuelle Beobachtung, auch nicht für einen "schnellen Blick". Die Filterwirkung reicht nicht, um Schäden für die Augen zu vermeiden. Lassen Sie sich von erfahrenen Sonnenbeobachtern oder im Fachhandel beraten.
Die grundsätzliche Methode
Luftunruhe ist der Feind des Sonnenfotografen. Sie "verschmiert" Bilder, macht sie unscharf. In bestimmten Momenten aber, ist die Luftunruhe gering, wir sehen ein einwandfreies Bild. Im Prinzip wollen wir genau in solchen Momenten das Foto machen. Leider geht das nicht, weil Mensch und Gerät zu langsam reagieren, um genau dann den Auslöser zu betätigen.
Der Ausweg ist, einfach viele Bilder zu machen und zu hoffen, dass die Serie "ruhige Momente" erwischt. Weil das Glückssache ist, heißt diese Methode "Lucky Imaging". Digitalfotografie erlaubt, einige tausend Bilder aufzunehmen und damit seinem Glück auf die Sprünge zu helfen. Daraus die guten Bilder auszuwählen, überlassen wir einer Software. Ein gutes Bild hat zum Beispiel einen hohen Kontrast, weil Unschärfe den Kontrast reduziert. Die Software sucht also Bilder mit einem großen Umfang von Grauwerten, denn je größer der ist, desto mehr Kontrast hat das Bild. Sie ordnet nun die Bilder in einer Rangfolge von gut bis schlecht.
Bei einigen tausend Bildern sind einige Bilder brauchbar. Im nächsten Schritt werden deshalb die guten Bilder miteinander überlagert. Aus vielen Bildern wird ein einziges Bild gerechnet. Diese Methode funktioniert wie das Stapeln von Papierseiten oder Kisten und heißt deshalb "Stacking".
Die unbedingten Voraussetzungen
Im Bild: Der typische Arbeitsplatz eines Sonne-Fotografen. Licht- und Wärmedämpfung mit Folien-Objektivfilter Dichte 3, Webcam am Okularauszug und der Computer für die Bildspeicherung. Man beachte Kompass und Lineal auf dem Tisch, für die exakte Ausrichtung der Montierung, auch in dieser "Reiseversion".
Das Bild muss "stehen"
Stacken überlagert Bilder, die zu unterschiedlichen Zeiten in der Bilderserie aufgenommen sind. Wenn sich das Bild der Sonne im Aufnahmezeitraum irgendwie bewegt, hat das unweigerlich Einfluss auf die Qualität. Verschiedene Software-Lösungen begegnen dem Problem, indem sie die Bilder etwas verschieben, aufeinander einpassen ("fitten"). Allerdings ist das niemals perfekt und funktioniert nur in engen Grenzen.
"Stehende Bilder" setzen eine gute Nachführung und eine genaue Ausrichtung der Montierung voraus. Wenn das nicht "stimmt", sind optimale Bilder garnicht möglich.
Allerdings hat die Mechanik einer Montierung immer Grenzen. Das Sonnenbild bewegt sich außerdem auch durch Effekte der Refraktion in der Atmosphäre, abhängig von der Höhe über dem Horizont. Die Sonne hat auch eine Eigenbewegung und steht nicht starr am Himmel.
Aus diesen Gründen sollten die Bilderserien möglichst rasch entstehen. Eine schnelle Kamera, schnelle Datenübertragung (USB2 und USB3) und hohe Schreibgeschwindigkeit der Festplatte wirken in diese Richtung. Bei z.B. 3000 Bildern addiert sich jede kleine Verzögerung.
Das Fokussieren, das Scharfstellen des Bildes, ist ein weiteres Problem. Kameras haben in aller Regel eine "Livebild-Funktion". Damit lässt sich das Sonnenbild sehen und auch fokussieren. Wie genau der Fokus allerdings eingestellt werden kann, hängt von der mechanischen Qualität des Okularauszugs ab. Beim visuellen Beobachten stören kleine Fehler nicht, denn auch das Auge kann "nachstellen". Es nutzt außerdem eine extrem hoch entwickelte "Echtzeit-Bildverarbeitung", die viele Fehler ausgleicht. All das steht der Kamera nicht zur Verfügung. Sie ist auf den genau eingestellten Fokus angewiesen, auf ein paar Testbilder, um ihn wirklich zu finden. Das ist keine leichte Aufgabe und erfordert Geduld.
Luftunruhe
Es ist leider so: Die Luftunruhe geht niemals auf Null. Im Lauf des Tages entwickelt sie sich mit der Erwärmung von Luft und Boden, lässt zu manchen Zeiten ein "Beruhigen" auf gute Werte garnicht zu. Als Faustregel kann gelten: Die Luft ist am ruhigsten, ungefähr zwei Stunden nach Sonnenaufgang und zwei Stunden vor Sonnenuntergang. Weil dabei aber viele lokale Faktoren eine Rolle spielen, liefert die Faustregel keine Garantie. In solchen "ruhigen" Zeiten ist jedenfalls die Ausbeute an guten Bildern höher, die in Zeiten größter Wärme eventuell garnicht möglich sind. Wer also ungefähr zur Mittagszeit fotografiert, kann nicht mit Spitzenergebnissen rechnen.
Das Stacken
Für diesen Vorgang gibt es Software (Freeware, siehe Links unten), die Bilder nach der Qualität ordnet und das Stacken übernimmt. Hier liegt meist der größte Zeitaufwand für die Sonnenfotografie.
Das "gestackte" Bild kann nun mit Software für Bildverarbeitung weiter geschärft, der Grauwertumfang angepasst werden und vieles mehr. Die verschiedenen Software-Lösungen bieten die Verfahren an, z.B. mit "Wavelets", unscharfer Maskierung oder Kontrastverstärkung. Hier lohnt sich das Lesen der Software-Dokumentation.
Wieviele Bilder Stacken?
Das muss ausprobiert werden. Viele Fotografen überschätzen die Zahl der guten Bilder in ihren Serien. Wenn schlechte Bilder aber über gute gestackt werden, verschlechtern sie das Ergebnis. In den verschiedenen Software-Lösungen kann eingestellt werden, wieviele Bilder in % die Software stacken soll. Sie nutzt dann die besten Bilder aus der vorher berechneten Rangfolge, die dem Wert entsprechen.
Ein Wert von 20% scheint gering, weil dabei 80% der Bilder verworfen werden. Das würde bedeuten, ich erwarte in 20% der Zeit am Fernrohr gute Luftbedingungen. Das ist völlig unrealistisch, 20% sind zuviel.
Tatsächlich sind die "guten Momente" kurz und die "richtig guten" sogar selten. Für die Sonnenfotografie hat es sich deshalb bewährt, nur 5-10% aller Bilder einer Serie ins Stacking zu nehmen. Oft stellt sich heraus: Je weniger, desto besser.
Allerdings macht es auch keinen Sinn, die Zahl der Bilder zu klein zu wählen. Das Stacking selbst ist nämlich ein Verfahren zur "Bildmittelung", wie die Errechnung eines Mittelwerts. Das Verfahren liefert "Rauschunterdrückung" und trägt damit auch zu besseren Bildern bei. Aus der Mathematik ist aber bekannt, dass ein Mittelwert überhaupt erst ab ungefähr zehn Einzelwerten Sinn macht und hier die Regel gilt: Je mehr, desto besser. Für die Sonnenfotografie ist es also wichtig, die "goldene Mitte" zwischen vielen Bildern für den Mittelwert und die Beschränkung auf gute Bilder zu finden.
Deshalb gilt hier die Regel: Probieren geht über Studieren. Es kann zu drastischen Unterschieden führen, zu viele oder zu wenige Bilder zu stacken. Erfahrung ist hier entscheidend.
Die richtigen Belichtungszeiten
Kurze Belichtungszeiten erlauben ein "Einfrieren" der Luftunruhe. Diese Forderung führt zu möglichst kurzen Belichtungszeiten. Die Sonne liefert sehr viel Licht und erlaubt deshalb Belichtungszeiten im Bereich einer 1/1000 Sekunde. Zu kurze Belichtungszeiten bilden allerdings auch das "Rauschen" der Elektronik ab, führen zu schlechteren Bildern. Es lohnt sich also, das einmal mit einer Testserie zu prüfen.
Die Belichtungszeit muss auch eine Frage beantworten: Was soll das Bild eigentlich zeigen? Die meisten Sonnenfotos werden im Grunde auf die ungestörte Photosphäre belichtet. Weil Kameras aber immer nur einen begrenzten Grauwert-Umfang abbilden können, gehen damit in vielen Fällen Details in Sonnenflecken verloren. Das folgende Bild erklärt das Problem.
Die Graphik zeigt die Grauwerte ("Helligkeiten") der Bildpunkte entlang der weißen Linie im Sonnenbild oben. Es zeigt sich, dass im Bereich der Umbren die Grauwerte auf Null fallen. Dort enthält das Bild also keine Information. Die Aufnahme ist für den Sonnenfleck unterbelichtet, obwohl sie eigentlich einen guten Eindruck macht.
Der Sonnenfleck steht in der Nähe des Sonnenrands, dessen Helligkeitsverlauf der Abfall der Kurve nach links abbildet. Das ist die bekannte Randverdunkelung der Sonne. Es zeigt sich, dass die Sonne dadurch (fast) gar keinen scharfen Rand hat. Auch das ist ein Problem für die Wahl der Belichtungszeit. Sie liegt für Objekte am Sonnenrand anders, als für Objekte in der Scheibenmitte. Auch hier kann Ausprobieren die Ergebnisse drastisch verbessern.
Hinweis für ambitionierte Fotografen: Die Grenzen der Amateur-Fotografie der Sonne liegen bei Strukturen innerhalb der Umbren. Hier Strukturen abzubilden, ist die Schallmauer, die bisher nur wenige Amateurastronomen durchbrechen. Es wäre verdienstvoll, wenn ambitionierte Fotografen hier die Grenzen der Amateurastronomie erweitern würden.
Das richtige Prozessieren
Bildverarbeitung liefert die große Versuchung, aus Bildern "das Letzte herauszukitzeln".
Wer das wirklich kann, kommt manchmal zu verblüffenden Ergebnissen.
Entscheidend ist dabei zu wissen, was die verschiedenen Funktionen mit dem Bild tatsächlich tun.
Aber ...
Diese Bilder zeigen das Ergebnis von einfacher Bildverarbeitung mit "Schärfen":
Das obere Bild ist das Original, aufgenommen vom Weltraumteleskop SDO. Darunter, das prozessierte Bild, scheint nach der Bearbeitung eine tolle Qualität zu haben. Sogar die Granulation der Sonne scheint sichtbar. Das Problem ist nur, dass die Original-Aufnahme (das obere Bild) mit einem Vierzöller entstand, der also eine Auflösung von rund 1,1 Bogensekunden hat. Damit können die Granulationszellen mit ihrem Durchmesser von rund einer Bogensekunde garnicht so gut aufgelöst sein.
Im unteren Bild sehen wir deshalb nicht die Sonne, sondern Artefakte der Bildverarbeitung. Das kann nicht der Sinn der Sache sein.
"Die Kunst beim Prozessieren ist das rechtzeitige Aufhören."
Gute Sonnenfotos bilden die Sonne so ab, wie sie wirklich ist. Das obere Bild ist das "Spitzenfoto", mit dem sich jeder echte Kenner der Sonne und gute Sonnenfotografen präsentieren. Bilder wie das untere werden "überprozessiert" genannt.
Software für Sonne-Fotografen.
Die Links verweisen auf Freeware, die von Amateurastronomen programmiert und unterstützt wird. Wer weitere nützliche Software kennt, wird um eine Nachricht an Heinz Hilbrecht gebeten. Wir nehmen sie gerne in die Liste auf. Kommerzielle Software berücksichtigen wir nicht.
Software für Kamersteuerung
Hersteller von Kameras liefern Software mit. Manche erfüllen nicht wirklich die Wünsche von Astrofotografen. Deshalb wurden andere Lösungen programmiert:
FireCapture:
Sehr populäre Software, funktioniert mit praktisch allen Kameras.
SharpCap:
Wurde vor allem für Benutzerfreundlichkeit am Teleskop programmiert und für die Bedürfnisse von Astrofotografen.
Software für Stacken und einfache Bildverarbeitung
AutoStakkert:
Bietet viele automatische Funktionen an, Benutzer müssen nicht viel einstellen.
Zu AutoStakkert gibt es auch eine
deutschsprachige Anleitung.
RegiStax:
Wird gerne zur Weiterverarbeitung von Bildern nach AutoStakkert eingesetzt.
Zum Bildschärfen mit RegiStax gibt es eine
deutschsprachige Anleitung.
AviStack:
Wurde ursprünglich für die Mondfotografie entwickelt und fand rasch viele Freunde in der Sonnen- und Planetenfotografie.
Die Software ist schnell, funktioniert "automatisch", erlaubt aber auch Kontrolle über jeden Verarbeitungsschritt.
Mehr Bildverarbeitung:
Fitswork:
Bietet zahlreiche Funktionen für die Bildverarbeitung in der Astronomie.
Bei der Anwendung sollten Nutzer wissen, was die Funktionen im Bild tatsächlich tun.
Dazu gibt es eine
deutschsprachige Anleitung.
Giotto:
Eine sehr komfortable Software, die von der Aufnahme am Teleskop bis zum fertig verarbeiteten Bild alles liefern kann.
Etwas Einarbeitung ist dafür nötig. Dafür gibt es eine
deutschsprachige Anleitung.
ImageJ:
Ist eine professionelle Bildverarbeitungs-Software (Freeware), in Java programmiert und deshalb lauffähig unter Windows, Linux, Mac-OS.
Enth&uauml;lt zahlreiche Standardfunktionen auch für Batch-Verarbeitung.
ImageJ bietet auch eine Entwicklungsumgebung, mit der sich Bildverarbeitung für bestimmte Ziele programmieren lässt.
Zahlreiche Programme und Makros aus der Community liegen in der Public Domain.
Übrigens ...
Fotografie ist nicht die einzige Methode, um das Geschehen auf der Sonne abzubilden. Leider ist das Zeichnen breit in Vergessenheit geraten. Zeichnungen haben eine eigene Ausstrahlung, weil sie den Menschen als genauen Beobachter erkennen lassen. Wer wirklich beobachten lernen will, sollte auch Dinge auf der Sonne zeichnen.
Protuberanzen, gezeichnet aus dem Buch "Le Soleil" von Angelo Secchi (1875-1877).
Das Buch gibt es zum kostenlosen Download als pdf aus der Schweiz:
www.e-rara.ch